Enstehung der Kolonien in Wolhynien

Waldemar Wolff, Dienstag, 18.03.2003, 23:02 (vor 7974 Tagen)

Wer kennt die Chronologie der Enstehung und Entwicklung der deutschen Kolonien in Ostwolhynien?


Re: Enstehung der Kolonien in Wolhynien

Gerhard König, Mittwoch, 19.03.2003, 00:16 (vor 7974 Tagen) @ Waldemar Wolff


Als Antwort auf: Enstehung der Kolonien in Wolhynien von Waldemar Wolff am 18. März 2003 23:02:08:


Hallo Waldemar,

Die umfassende Karte von STUMPP gibt hier einen guten Überblick zu den Ortschaften in Ukrainisch-Wolhynien.

Über eine eventuelle Chronologie zur Entstehung der Ortschaften in Ost-Wolhynien haben sich u.a. die Herren STUMPP, LÜCK und KARASEK Gedanken gemacht. Leider kenne ich derzeit keine Veröffentlichung von ihnen, die zu den Ortschaften auch die Gründungsjahre benennt.

Zu den ältesten bekannten deutschen Kolonien zählen in Ost-Wolhynien Anette und Josephine bei Nowograd-Wolynsk, gegr. 1816. O.g. Herren haben die Kirchbücher und Aufzeichnungen der Kantoren vor Ort eingesehen. Unter Hilfestellung der damaligen Bewohner der Orte wurden meist aus dem Gedächtnis Gründungszahlen der Ortschaften zusammengetragen und so auch für West-Wolhynien teilweise veröffentlicht.

Genannte STUMPP-Karte stützt sich u.a. auf das Verzeichnis "Die evangelisch-lutherischen Gemeinden in Rußland", aus der Sammlung Georg Leibbrandt, herausgegeben vom Zentr.-Kom. der Unterstützungskasse St.Petersburg 1909. Vielleicht sind in diesem Verzeichnis auch Gründungszahlen genannt.

Der einzigste kompetente Ansprechpartner der mir hierzu auf Anhieb einfällt, wäre der Herr Arndt, Vorsitzender des Wolhynien e.V.
Seine Adresse ist hier zu finden: http://www.wolhynien.de/links2.htm

Gerhard


Sammlung Leibbrandt

Irene Kopetzke, Donnerstag, 20.03.2003, 20:56 (vor 7972 Tagen) @ Gerhard König

Genannte STUMPP-Karte stützt sich u.a. auf das Verzeichnis "Die
evangelisch-lutherischen Gemeinden in Rußland", aus der Sammlung Georg
Leibbrandt, herausgegeben vom Zentr.-Kom. der Unterstützungskasse
St.Petersburg 1909. Vielleicht sind in diesem Verzeichnis auch Gründungszahlen
genannt.


Bin zufällig über die Information gestolpert, daß sich eine Kartei der deutschen Dörfer in Rußland und Übersee im Bundesarchiv Koblenz befindet. Diese Kartei stützt sich auf die Sammlung von Georg Leibbrandt (ist sie identisch mit dem von Dir genannten Verzeichnis?) und enthält scheinbar auch Angaben zu wolhynischen Dörfern. Die Angaben, die ich hier zum Beispiel zum Ort Fassowaja Rudnja finde, sehen wie folgt aus:

Amtlicher Name des Dorfes: Fassowaja Rudnja (Fassowo) Rayon Kutusowo, Wolost Shitomir, Gouvernement Wolhynien
Kirchspiel Shitomir, Konfession: Evang.-Lutherisch
Einwohnerzahl 1904-1905: 500, mit der Pachtkolonie Emilowka zusammen
Gründungsjahr 1801
Eine niedere Gemeinde-Schule, Kirche - Betsaal in der Schule

(Quelle: Wolhynische Hefte, 8. Folge, S. 29. Leonhard Kremring: Fassowja Rudnja, Chronik eines deutschen Dorfes, Kreis Wolodarsk-Wolynsk, Gebiet Shitomir)

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Re: Sammlung Leibbrandt

Gerhard König ⌂, Donnerstag, 20.03.2003, 23:49 (vor 7972 Tagen) @ Irene Kopetzke

Als Antwort auf: Sammlung Leibbrandt von Irene Kopetzke am 20. März 2003 20:56:18:

Bundesarchiv Koblenz ... Diese Kartei stützt sich auf die Sammlung von Georg Leibbrandt (ist sie identisch mit dem von Dir genannten Verzeichnis?) und enthält scheinbar auch Angaben zu wolhynischen Dörfern.

STUMPP hat in seiner Auflistung der Ortschaften zu seiner Karte "Deutsche Siedlungen in Ukrainisch-Wolhynien" o.g. LEIBBRANDT-Sammlung als maßgebliche Quelle angegeben. Selbst habe ich von Leibbrandt noch nichts lesen können und kann nur vermuten, daß es sich hier um die gleiche Quelle handelt, die auch bei der Erstellung dieser Kartei hinzugezogen wurde. Vielleicht hat STUMPP sogar dabei mitgewirkt, denn seine Karte und dazugehörige Ortsliste wurde im gleichen Zeitraum erstellt.

Könnte mir vorstellen, daß eine Anfrage im Bundesarchiv und eine Kopie dieser Kartei sehr kostspielig wird. Oder wir finden einen Forscherkollegen der vor Ort in Bayreuth das Archiv besuchen kann?

Gerhard

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Re: Sammlung Leibbrandt

Gerhard König ⌂, Freitag, 21.03.2003, 22:29 (vor 7971 Tagen) @ Irene Kopetzke

Als Antwort auf: Sammlung Leibbrandt von Irene Kopetzke am 20. März 2003 20:56:18:

Hallo Irene, ich habe mich heute zu einer anderen Variante entschlossen und bin in der Datenbank des Bibliotheksverbundes fündig geworden. Von der "Unterstützungskasse für Evang.-Luth. Gemeinden" und einzelne Exemplare aus der "Sammlung von Leibbrandt" waren als verfügbar eingetragen.
Mal sehen, was in den nächsten Wochen in Eisenach ankommt. ;-)
* Gerhard

Du wirst bald ein neues Bücherregal brauchen... (no text)

Irene Kopetzke, Freitag, 21.03.2003, 23:02 (vor 7971 Tagen) @ Gerhard König

Als Antwort auf: Re: Sammlung Leibbrandt von Gerhard König am 21. März 2003 22:29:07:

Re: Enstehung der Kolonien in Wolhynien

Jerry Frank †, Mittwoch, 19.03.2003, 02:01 (vor 7974 Tagen) @ Waldemar Wolff

In addition to the good information Gerhard provided, we also know that there were some Germans in Volhynia before 1816.

The first settlement that we know of was a group of Germans who worked in the porcelain (glass) factory in Korist. A Lutheran Church was established there in 1780. However, when the factory cut production, the Germans left and the church closed.

The St. Petersburg death records indicate that some people were born in the village of Czarnylosa near Dubno as early as 1780. This area was in western Volhynia but of course, at the time, both western and eastern were part of Russia (part of Poland before the partitions).

The Lutheran Church in Zhitomir was first served by a pastor in 1801. Records are available for the 1801 to 1840 time frame but some data goes back to the 1790s. Most of the Germans in the very early records are not farmers but rather soldiers, trades people, architects, doctors, barons, apotheker, usw. Towns shown and included in this very large parish were Dubna (Dubno), Ruwno (Rowno), Berdiczew (Berditschev), Zhitomir, Zaslaw, Korzec (Korist), Ostrog, Radziwil, Stawutte, Wolica, Bielogurdka, and Alt Constantinoff.

In addition to this, we also know that Mennonite Germans from Prussia settled in different parts of Volhynia at Zabara in 1791 and Ostrog region in 1802. These seemed to be temporary settlements as most later moved on to the Black Sea region.

The first of the more permanent settlements however in the eastern part of Volhynia is as Gerhard reported.

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Übersetzung:

Den von Gerhard dargebrachten Informationen möchte ich noch hinzufügen, daß wir auch wissen, daß bereits vor 1816 vereinzelt Deutsche in Wolhynien gelebt haben.

Die erste Siedlung, von der wir wissen, war die einer Gruppe von Deutschen, die in der Porzellanmanufaktur von Korist gearbeitet haben. 1780 wurde dort eine lutherische Kirche gegründet. Als die Fabrik jedoch die Produktion stoppte, gingen die Deutschen und die Kirche wurde geschlossen.

Aus den St. Peterburger Totenbüchern ist ersichtlich, daß schon 1780 einige Leute im Dorf Czarnylosa nahe Dubno geboren wurden. Dieses Gebiet gehörte zu Westwolhynien, jedoch gehörten zu jener Zeit sowohl West- als auch Ostwolhynien zu Rußland (vor der Teilung zu Polen).

Die lutherische Kirchen in Shitomir hatte 1801 den ersten Pastor. Für 1801 bis 1840 gibt es Aufzeichnungen, aber die Daten reichen bis in die Jahre um 1790 zurück. Die meisten Deutschen in diesen frühen Kirchenbüchern sind keine Bauern, sondern vielmehr Soldaten, Händler, Architekten, Ärzte, Barone, Apotheker usw. Die Städte, die zu diesem riesengroßen Kirchspiel gehörten und aufgeführt werden sind Dubna (Dubno), Ruwno (Rowno), Berdiczew (Berditschev), Zhitomir, Zaslaw, Korzec (Korist), Ostrog, Radziwil, Stawutte, Wolica, Bielogurdka, und Alt Constantinoff.

Wir wissen außerdem, daß deutsche Mennoniten aus Preussen in verschiedenen Gegenden Wolhyniens siedelten, 1791 in der Gegend um Zabara und 1802 um Ostrog. Dies scheinen keine dauerhaften Siedlungen gewesen zu sein, da die meisten von ihnen später ins Schwarzmeergebiet weiterzogen.

Die ersten permanenten Siedlungen im östlichen Teil Wolhyniens entstanden jedoch so, wie Gerhard es beschrieben hat.

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