Rückkehrerausweis Wolhynien - Warthegau - Deutschland
Claudia Grabow
, Sonntag, 26.07.2015, 14:46 (vor 3797 Tagen)
Hallo Zusammen,
ich habe vom Bundesarchiv die Einwanderungsakte meines Onkels erhalten.
Dieser wurde 1924 geboren und ist 1944 im Krieg gefallen, deshalb konnte man sie mir auch zusenden.
In dieser Akte ist ein Antrag auf einen Rückkehrerausweis. Damit weiß ich nichts anzufangen.
Die Familie (also auch mein Onkel) lebte bis 1940 in Kurdyban / Wolhynien. Im Januar 1940 wurden sie umgesiedelt. Zuerst in das Sudetenland, und im August 1940 in den Warthegau nach Falkenhof (Sokolniki).
Im September 1940 hat mein Onkel diesen Antrag für den Rückkehrerausweis gestellt, da war er 16 Jahre alt.
Zu was war dieser Ausweis nötig, für was hat er ihn gebraucht? Wohin wollte er Rückkehren?
Bisher konnte mir diese Fragen niemand beantworten, vielleicht kann da jemand hier aus dem Forum.
Vielen Dank schon mal dafür.
Gruß Claudia
Re: Rückkehrerausweis
Angelika Ramthun
, Montag, 27.07.2015, 18:01 (vor 3796 Tagen) @ Claudia Grabow
Hallo Claudia,
Ich habe die Rückkehrerausweise meiner Großeltern, damit sind sie in Deutschland eingebürgert worden. Die Ausweise sind in Morchenstern ausgestellt worden. Vorheriger Wohnort Kurdyban/Polen.
Gruß Angelika
Re: Rückkehrerausweis
Jürgen Mundt
, Dienstag, 28.07.2015, 17:50 (vor 3795 Tagen) @ Claudia Grabow
Moin Claudia,
nach meinem Kenntnisstand verhielt es sich damit wie folgt:
Die Umsiedler aus Wolhynien waren zwar zumeist Nachkommen ehemals deutscher Auswanderer, besaßen zum Zeitpunkt der Umsiedlung jedoch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Alle Umsiedler über 16 Jahren hatten einen Antrag auf Einbürgerung in das "Deutsche Reich" zu stellen. Am Ende eines sich anschließenden Einbürgerungsverfahrens stand für die Antragsteller dann mit Aushändigung einer Einbürgerungs-Urkunde die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit ("Reichsangehörigkeit"). Bis dahin galten die Umsiedler zunächst als "Rückkehrer" (Stichwort "Heim ins Reich"). Die "Rückkehrerausweise" wurden in den Umsiedlerlagern von der sogenannten Einwandererzentralstelle ausgestellt und gaben Auskunft über die bisherige Staatsangehörigkeit der jeweiligen Inhaber. Bei Umsiedlern aus West-Wolhynien war das in der Regel die polnische.
Jürgen
Re: Rückkehrerausweis
Stefan Rückling
, Bad Freienwalde (Oder), Dienstag, 28.07.2015, 19:00 (vor 3795 Tagen) @ Jürgen Mundt
Hallo Jürgen,
wobei ich nach meiner bisherigen Erfahrung und den vielen Forumsbeiträgen der letzten Jahre nach zu urteilen den Eindruck habe, daß nur wenige der Wolhyniendeutschen aus "Deutschland" gekommen sind. Das waren eher Ausnahmen, während die überwiegende Zahl aus Polen nach Wolhynien gezogen ist, und von diesen haben vor ihrer Weiterwanderung nach Wolhynien mindestens 50 % schon seit 100-200 Jahren in Polen gelebt.
Viele Grüße,
Stefan
Re: Rückkehrerausweis
Irmtraud Richter
, Dienstag, 28.07.2015, 19:34 (vor 3795 Tagen) @ Stefan Rückling
Hallo Jürgen,
aber waren die aus Polen stammenden nicht auch Deutsche, die in Polen gesiedelt hatten?
Grüße
Irmtraud
Re: Rückkehrerausweis
Jürgen Mundt
, Dienstag, 28.07.2015, 22:21 (vor 3794 Tagen) @ Irmtraud Richter
Hallo Irmtraud,
Hallo Jürgen,
aber waren die aus Polen stammenden nicht auch Deutsche, die in Polen gesiedelt hatten?
sorry, aber ich fühle mich hier nicht wirklich angesprochen - kann es sein, dass diese Frage sich vielmehr auf Stefans Posting bezieht...?
Jürgen
Re: Rückkehrerausweis
Irmtraud Richter
, Mittwoch, 29.07.2015, 14:05 (vor 3794 Tagen) @ Jürgen Mundt
Hallo Jürgen,
stimmt, da habe ich mich vertan. Die Frage war an Stefan gerichtet.
Gruß
Irmtraud
Re: Rückkehrerausweis
Jürgen Mundt
, Dienstag, 28.07.2015, 22:02 (vor 3794 Tagen) @ Stefan Rückling
Moin Stefan,
ja, ist schon klar soweit.
...Nachkommen ehemals deutscher Auswanderer,...
Das sollte auch lediglich als Hinweis auf deren ethnische Zugehörigkeit verstanden werden.
Jürgen
Re: Rückkehrerausweis
Claudia Grabow
, Donnerstag, 30.07.2015, 05:53 (vor 3793 Tagen) @ Jürgen Mundt
Hallo Jürgen,
eingentlich ist deine Erklärung für den Rückkehrerausweis schlüssig.
Aber ,zumindest bei meinem Onkel, etwas passt da zeitlich nicht zusammen.
Auf dem Sippenkundlichen Fragebogen hat die Familie als nationalität "polnisch" angegeben. Das passt also.
Im Januar 1940 wurde die Familie aus Wolhynien nach Morchenstern (Sudetenland) (zwischen)-umgesiedelt.
Im April wurde mein Onkel 16, am 13. Mai 1940 hat er seine Einbrügerungsurkunde erhalten, noch im Sudetenland.
Im August 1940 wurde die Familie (end)-umgesiedelt in den Warthegau nach Falkenhof. Und am 03.09.1940 bekommt mein Onkel die schriftliche Information, dass sein Rückkehrerausweis zwar noch nicht fertiggestellt ist, er aber demnächst in Berlin bei der Einwandererzentralstelle angefordert werden kann.
Nun also meine Frage, er hatte ja bereits die Einbürgerungsurkunde vom 13.05.1940 in den Händen (die Kopie liegt mir vor), zuwas bwenötigt er einen Rückkehrerausweis?
Oder hat den jeder Umsiedler bekommen, nur in den Unterlagen meiner Großeltern fehlt eben dieser Vorgang.
Das würde mich schon mal interessieren, was es mit dem Rückkehrerausweis auf sich hat.
Einen schönen Tag
Gruß Claudia
Re: Rückkehrerausweis
Hans Mink
, Donnerstag, 30.07.2015, 12:15 (vor 3793 Tagen) @ Claudia Grabow
Hallo Miteinander,
in den Einwanderungsunterlagen meiner Großeltern ist für jedes Familienmitglied über 16 Jahre folgendes Dokument von 1940 enthalten (Ausschnitt des oberen Teils):
![[image]](https://forum.wolhynien.de/images/uploaded/image407.jpg)
Es zeigt, dass sowohl die Einbürgerungsurkunde wie auch der Rückkehrerauseis gleichzeitig ausgestellt wurde.
Viele Grüße
Hans
Re: Rückkehrerausweis
Ursula Barsch
, Donnerstag, 30.07.2015, 18:54 (vor 3793 Tagen) @ Hans Mink
Hallo alle mitenader!
Der Rückkehrerausweis war doch ein Legitimationspapier (analog der Personalausweise). Sie sahen von innen auch genauso aus. Schließlich hat niemand seine Einbürgerungurkunde als Ausweispapier mit sich herum getragen.
Und ich gebe Hans Mink recht. Auch mir liegen Schriftstücke vor, aus denen hervor geht, dass die Ausweise gleichzeitig mit den Einbürgerungsurkunden ausgehändigt werden sollten.
Also: ohne Einbürgerung kein Ausweis!
Und natürlich konnte es auch vorkommen, dass die Urkunde schon da war, aber der Ausweis nocht fehlte. Schließlich waren ja Tausende von Dokumenten mit Lichtbildausweis zu erstellen. Nicht jeder hatte z.B. ein Lichtbild, sondern musste dieses erst anfertigen lassen und dann an die Sippenstelle schicken.
Aber mal ehrlich: ist es denn so wichtig, ob beides gleichzeitig ausgehändigt wurde?
Gruß Ursula
Re: Rückkehrerausweis
Jürgen Mundt
, Donnerstag, 30.07.2015, 18:50 (vor 3793 Tagen) @ Claudia Grabow
Moin Claudia,
wie damals bei deinem Onkel der genaue Sachverhalt war, darüber können wir heute wohl leider nur noch Spekulationen anstellen.
Meiner Vermutung nach könnte es sich wie folgt zugetragen haben:
Januar 1940: Umsiedlung Teil 1 "Wolhynien – Sudetenland"
Die Familie wird von den Behörden erfasst und die so genannte "Schleusung" beginnt. Alle Personen über 16 Jahre stellen einen Antrag auf Einbürgerung in das Deutsche Reich und erhalten in der Folge einen Rückkehrer-Ausweis. Dein Onkel ist noch keine 16 und wird als Familienangehöriger in dem Einbürgerungsantrag der Mutter (wahrscheinlich) oder des Vaters mit aufgelistet. Ausweispflicht bestand zu diesem Zeitpunkt für deinen Onkel noch nicht (ebenfalls erst ab 16).
Es folgt das Einbürgerungsverfahren mit verschiedenen Untersuchungen, Befragungen usw.
April 1940: Dein Onkel wird 16 Jahre alt
... und keiner merkt es. Jedenfalls niemand von den Verwaltungsbehörden. Die Familie befindet sich in einem Umsiedlerlager und die Eltern haben wahrscheinlich ganz andere Sorgen, als sich nun darum zu kümmern, dass ihr Junge jetzt auch einen Ausweis bekommt.
13. Mai 1940: Dein Onkel erhält die Einbürgerungsurkunde
Inzwischen ist das Einbürgerungsverfahren abgeschlossen, alle Familienmitglieder erhalten ihre Urkunden und besitzen ab jetzt die deutsche "Reichsangehörigkeit" (dass dein Onkel nun schon 16 ist, hat immer noch niemand gemerkt).
August 1940: Umsiedlung Teil 2 "Sudetenland – Warthegau"
Die Familie gerät dadurch wieder in den Fokus der Verwaltungsbehörden. Die Personalien werden nun erneut abgeglichen und jetzt wird auch das genaue Alter deines Onkels sowie die für ihn damit verbundene Ausweispflicht festgestellt. Da er den Status eines Umsiedlers besitzt, wird für ihn dann folgerichtig ein Rückkehrer-Ausweis beantragt.
3. September 1940:
Dein Onkel erhält die schriftliche Info, dass sein Rückkehrer-Ausweis zwar noch nicht fertiggestellt ist, er aber demnächst in Berlin bei der Einwandererzentralstelle angefordert werden kann.
Nun, ich weiß zwar nicht genau, in welche Richtung deine Überlegungen bei dem Begriff "Rückkehrer-Ausweis" gehen bzw. gingen, aber mit einer Rückkehr der Umsiedler in deren bisherige Heimat Wolhynien hat das definitiv nichts zu tun. Diese Möglichkeit bestand für sie nicht.
Jürgen
Re: Rückkehrerausweis
Claudia Grabow
, Sonntag, 02.08.2015, 06:16 (vor 3790 Tagen) @ Jürgen Mundt
Hallo Jürgen und alle anderen hier im Forum,
vielen Dank für eure zahlreichen Beiträge bezüglich des Rückkehrerausweises.
Ich wusste wirklich nicht was das ist und zuwas er benötigt wurde, auch die Altvorderen in meiner Familie (z. B. meine 87-jährige Mutter, oder meine 81-jähirige Tante, gebürtig in Wolhynien) konnten mit dem Begriff Rückkehrerausweis nichts anfangen. Also habe ich da gefragt, wo ich mir Antworten erhoffte, nämlich hier im Forum. Deshalb nochmals vielen Dank für die Antworten.
Jetzt weiß ich, wie so ein Ausweis aussah und zu was er benötigt wurde. Auch die zeitliche Einordnung bei meinem Onkel habe ich, dank Jürgen, jetzt begriffen.
Nochmals Danke und einen schönen Sonntag
Gruß Claudia
Re: Rückkehrerausweis
Jan Textor
, Samstag, 01.08.2015, 11:22 (vor 3791 Tagen) @ Claudia Grabow
Hallo zusammen,
Wer nicht weiß, wie ein Rückkehrerausweis aussah, kann ihn sich hier anschauen:
![[image]](images/uploaded/image411.jpg)
![[image]](images/uploaded/image412.jpg)
Viele Grüße,
Jan Textor, Dänemark
Re: Rückkehrerausweis
Ursula Barsch
, Samstag, 01.08.2015, 12:58 (vor 3791 Tagen) @ Jan Textor
Danke Jan.
Wie ich schon sagte, so sahen auch unsere alten Personalausweise aus.
Gruß Ursula
