Hallo Herr Schulz,

heute etwas ausführlicher zu Ihren Unterlagen. In den letzten Tagen haben wir - meine Frau und ich - mehrmals reingelesen und überlegt. Vor uns liegen die Urkunden ohne ein Begleitschreiben. Es wird etwas ausführlicher und ich werde wohl die Einträge teilen müssen.

Ihre Großmutter Emma Hanert hatte um 1940 wahrscheinlich folgende zwei Dokumente bei sich:

Die Konfirmationsurkunde ihres Ehemannes Emil Schultz und ihre eigene Geburtsbescheinigung, ausgestellt 1915 in Heimtal von Pastor Johannson. Dieser Geburtsschein wurde zweimal zur Vorlage für die Ausstellung eines Ausweises oder Passierscheins verwendet. In den Jahren 1933 und 1940.

Laut einer Übersetzung aus dem Russischen, ausgestellt in Neuwied im Jahr 1992, wurde Ihr Großvater am 24.11.1937 verurteilt und 1969 vom Gericht der Oblast Lugansk rehabilitiert. Das Originalschreiben wurde 1989 in Woroschilowgrad (die Stadt heißt heute wieder Lugansk) erstellt.

In der Ukrainischen Datenbank der Repressierten (Ukrainisch) konnte ich Ihren Großvater finden. Er lebte vor seiner Verhaftung im Dorf Kalmykiwka, Rayon Starobelsk, Oblast Lugansk. Die Troika des NKWD verurteilte ihn am 24.11.1937 zum Tode und am 28.1.1938 wurde er erschossen.

Somit vermuten wir, daß die Familie Ihrer Großeltern 1933 in die Oblast Lugansk umgesiedelt wurde und 1940 mußten sie ohne Großvater nach Kasachstan.

Regina Steffensen zitierte aus der Kopie des Trauscheins von Emil Schulz und Emma Hanert. Auf dem Dokument ist ein weiterer Stempel in Russisch, aber schlecht lesbar. Es liest sich wie ein Archivvermerk. Laut diesem vermute ich, daß diese Urkunde Emil Schulz bei seiner Verhaftung bei sich trug.

An wenn könnte ich mich noch wenden, zu erfahren, z.B. Geburtsdatum, - ort von dem Vater von Emil.

Mit den vor uns liegenden Urkunden können wir nicht erkennen, an welche Adressen Sie und Ihre Familie bereits geschrieben haben.

Da Ihr Großvater in der Region Lugansk verhaftet und erschossen wurde, befindet sich seine Akte bestimmt in den dortigen KGB-Unterlagen. Ihre Belege (aus Ihrem Schreiben nach Wiesentheid) sind nur später ausgestellte Abschriften. Von der Akte selbst ist nichts dabei. Soweit mir bekannt, sind diese Akten teilweise sehr umfangreich und oftmals wurden nicht alle persönlichen Unterlagen des Verurteilten den Verwandten später ausgehändigt.

Ist Ihnen diese Akte bekannt? Vermutlich steht die Adresse des heutigen Archivstandortes in einem der Schreiben, die Ihnen vorliegen. Vergleichen Sie mit der Webseite des Staatlichen Archivs Lugansk (Ukrainisch).

Von einer schriftlichen Anfrage in die Ukraine mit der Bitte um vollständige Kopie kann ich nur abraten. Da sind zuviele Unsicherheitsfaktoren dazwischen.

Die KGB-Akten werden nur direkten Verwandten, die sich im Archiv per Dokument auch ausweisen können, vorgelegt. Wenn Sie oder ein Verwandter die Akte selbst einsehen, finden Sie eventuell einen Vermerk oder Hinweis zur Herkunft des Urgroßvaters Johann Schulz.

Gerhard König

Hallo Herr Schulz,

nun zu den verschiedenen Ortsangaben lt. den Dokumenten und mögliche Forschungshinweise für Sie.

# 14.4.1920 Trauzeugnis von Emil Schulz und Emma Hanert

Die Urkunde wurde in Heimtal ausgestellt. Die Wohnorte der Brautleute sind leider nicht genannt. Emils Vater Johann Schulz ist bereits verstorben. Bekannt sind vom Kirchspiel Heimtal die Sterbebücher 1900, 1902-1903, 1906-1914. Diese befinden sich im Staatsarchiv Shitomir. Vielleicht ist Johann Schulz bereits vor dem Jahr 1915 verstorben und ist in diesen Büchern zu finden.

# Geburtsurkunde Emma Hanert + Übersetzung + Mitteilung

Die Geburtsurkunde wurde von Pastor Julius Johannson am 16.3.1915 ausgestellt. Interessant hierbei die Nummer 1677 für die Beurkundung (links oben). Im Archiv von Rowno hatte ich z.B. verschiedene Urkundenbücher in der Hand. Darin sind fortlaufend die jeweils ausgestellten Beurkundungen niedergeschrieben. Vielleicht ist aus Heimtal auch ein solches Buch erhalten, enthält eventuell Aufzeichnungen nach 1914 und es könnte sich heute im Shitomirer Archiv befinden? Bei meinem letzten Besuch in Shitomir habe ich nicht danach gefragt.

Die gedruckte Form der Übersetzung aus dem Jahr 1992 ist etwas irritierend, weil die Einträge auf der dazugehörigen Urkunde zu sehr unterschiedlichen Zeiten vorgenommen wurden.

Erst in der Mitteilung (über die ukrainische Botschaft) von 1995/96 ist der mögliche Geburtsort Maidan genannt. Höchstwahrscheinlich wird es sich aber um den Taufort, das damalige Kantorat Maidan handeln. Da die Geburtenbücher von 1902 im Shitomirer Archiv existieren, wäre es sinnvoll, mal selbst reinzusehen.

# Emil Schulz Mitteilung zur Geburt

Zu den hier genannten Ortsangaben haben wir schon geschrieben. In der Mitteilung (ebenfalls von 1995/96) sind weitere Ungenauigkeiten. Für dieses Schreiben erging zuvor eine Anfrage an das Staatsarchiv in Shitomir. Leider haben die dortigen Mitarbeiter es damals nicht so genau genommen mit ihren Antworten.

Nun kann ich nicht genau erkennen, welcher Text tatsächlich im Kirchenbuch Heimtal geschrieben steht. Ich vermute, daß Emil Schulz in Stawtschanka geboren und in Heimtal (auch als Staraja Buda bekannt) getauft wurde. Das Geburtenbuch von 1900 befindet sich ebenfalls in Shitomir.

Fazit:

Für den nächsten Urlaub eine Reise nach Shitomir planen oder einen guten Bekannten mit Russisch-Kenntnissen ins Shitomirer Archiv schicken. Vielleicht sind in den vorhandenen Büchern weitere Geschwister zu finden. Bei den Sterbeeinträgen könnte zum Beispiel ein ehemaliger Wohnort (vor dem Jahr 1900) genannt sein und dann ergeben sich - mit etwas Glück - Möglichkeiten zum Weiterforschen.

Gerhard König