Noch mehr alte Rezepte gesucht

Marina Jakobi, Sonntag, 20.01.2002, 16:33 (vor 8721 Tagen)

Vor einiger Zeit bin ich über die Rezepte-Seite gestolpert und fühlte mich beim Lesen Gerichte ganz heimisch. Saure Suppkartoffeln, Sauerampfersuppe, Piroggen, Borschtsch waren Gerichte, die meine Großmütter kochten. Die eine, mütterlicherseits, kam aus der Gegend von Luzk, die andere, väterlicherseits, aus der Gegend von Shitomir. Bis heute muss meine Mutter am Heiligabend ein Gericht kochen, das Halupschi, Halupse oder so ähnlich heißt - eine Art von Kohlrouladen, die auf Sauerkraut im Backofen gegart werden.

Die meisten Gerichte sind uns erhalten geblieben, aber wir wissen nicht, wie die sauren Suppkartoffeln gekocht werden. Eine andere Spezialität hat mein Großvater mütterlicherseits mit ins Grab genommen: Meerettich (den er selbst ausgegraben hat) mit rote Beete angemacht. Wenn jemand mehr über diese beiden Gerichte weiß, würde ich mich über die Rezepte sehr freuen.

Halupsi

Irene Kopetzke, Dienstag, 22.01.2002, 10:07 (vor 8719 Tagen) @ Marina Jakobi

Hallo Marina,

Golubjetz (Pl. Golubtsi / Golupsi) ist das russische Wort für Kohlroulade (im Russischen gibt es kein H). Ein Rezept dafür habe ich auf http://www.lib.ndsu.nodak.edu/grhc/history_culture/recipe/halupsy.html gefunden (allerdings auf Englisch). Könntest Du Deine Mutter überreden, das Rezept, nach dem sie dieses Gericht kocht, für mich aufzuschreiben? Ich würde es gerne auf der Rezepte-Seite veröffentlichen. Auch andere Rezepte sind willkommen.

Meerrettich wurde bei uns früher auch selber gemacht, allerdings ohne Rote Beete. Den frisch geriebenen Meerrettich kann man entweder mit etwas Essig und Salz abschmecken oder mit saurer Sahne. In Wolhynien haben die Frauen den Meerrettich in ihren Gärten angebaut.

Irene

Re: Halupsi

Ed Sonnenburg, Mittwoch, 23.01.2002, 03:44 (vor 8718 Tagen) @ Irene Kopetzke

Merretich machen meine Verwandten noch in Kanada fast alle - manchesmal wie Feuer im Mund. Sind Kohlrolladen das selbe wie Fleischrolladen - das machen meine Verwandten auch oefters. Halupsi - ist das Schweinefleisch mit Sauerkraut zusammen im Ofen gebacken?

Re: Halupsi

Marina Jakobi, Mittwoch, 23.01.2002, 19:22 (vor 8717 Tagen) @ Ed Sonnenburg

Der Meerettich mit Rote Beete ist sehr mild. Ich fand ihn so lecker, dass ich ihn löffelweise gegessen habe.

Kohlrouladen sind keine Fleischrouladen. Kohlblätter mit einem Fleisch-Reis-Gemisch gefüllt, auf Sauerkraut gegart.

Re: Halupsi

Ed Sonnenburg, Donnerstag, 24.01.2002, 23:15 (vor 8716 Tagen) @ Marina Jakobi

Dann hat doch jeder Koch bisschen anders doch Merretich gemacht. Ich habe es schon gegessen dass einem die Augen getraent haben!

Re: Halupsi

Horst Völpel @, Mittwoch, 16.09.2009, 20:15 (vor 5924 Tagen) @ Marina Jakobi

Halupsi kenne ich, von meiner Mutter und Großmutter, die beide in Harazdze (wie auch ich) geboren sind. Die machen wir noch heute (werden bei uns am Hl. Abend mit Schitzel gegessen).
Und zwar sind das saure Kohlblätter (ganzer Kohlkopf wird mit dem Weißkraut in ein Fass oder "Sauerkrautständer") eingelegt, gesalzen und sauer werden lassen! Dadurch werden die Blätter sehr zahrt und brechen nicht so leicht!
Dann werden die Blätter vorsichtig abgelöst und mit warmem Wasser abgewaschen.
Gleichzeitig werden Perlgraupen (meine Mutter erzählte mir, in Harazdze wurde Buchweizen dafür verwedet) in Salzwasser gekocht (ziehen lassen, wie Reis).Sollte eine feste Masse sein, nicht flüssig! Darunter werden dann gewürfelte Fleischstückchen oder Fleischwurststückchen und Dörrfleisch (geräucherter Schweinebauch, knusprig angebraten) gemischt.
Damit werden die Sauerkrautblätter (ähnlich Rouladen) gefüllt und zusammengerollt (so das nichts vom Inhalt herausfallen kann).
Die fertigen Halupsi (meine Mutter hat es "Holoptschi ausgesprochen) werden dann in einen Topf geschichtet, etwas Wasser dazu gegeben und kurz gegart.
Dazu gibt es wie bereits gesagt, Schweineschnitzel, und dazu Meerrettich mit Rote Beete.

Das Rezept dazu:
Meerrettich reiben,
Rote Beete je nach geschmack (ich mag es ziemlich scharf) reiben und dazugeben, mit Salz und Zucker abschmecken.
Fertig.

Guten Appetit.

Gruß
Horst

Re: Halupsi (und Familienforschung)

Marina Jakobi, Mittwoch, 23.01.2002, 19:38 (vor 8717 Tagen) @ Irene Kopetzke

Hallo Irene,

vielen Dank für deine Antwort. Den Link habe ich natürlich gleich ausprobiert. Auf den ersten Blick klang es so ähnlich wie das Rezept meiner Mutter. Am nächsten Wochenende bin ich bei ihr zu Besuch, dann werde ich das Rezept mitbringen und dir mailen.
Das Rezept für die sauren Suppkartoffeln scheint nicht so geläufig zu sein. Schade. Ich selbst habe den Geschmack überhaupt nicht in Erinnerung, aber mein Bruder behauptet, es wäre der einzige Eintopf, den er mag. Vielleicht behauptet er es auch nur, weil niemand das Rezept weiß :)).

Ich fange grad an, mich mit dem Thema Familienforschung zu beschäftigen. Meine Mutter hat mir einen Koffer mit alten Dokumenten und Briefen mitgeben, den ich gesichtet habe. Das Älteste ist eine Konfirmationsurkunde aus dem 19. Jahrhundert. Den meisten Dokumenten sieht man allerdings an, dass sie (wie ihre Eigentümer) viel mitgemacht haben.

Nachdem ich aus den Dokumenten alle Informationen rausgeholt habe, will ich jetzt meine Verwandten befragen. Aber ich habe zwei Fragen, bei denen du mir vielleicht weiterhelfen kannst. 1. Das Buch "die Deutschen in Wolhynien" ist vergriffen. Wo kann ich es bekommen? 2. Mein Großvater wurde 1939 von der russischen Polizei verhaftet und ist nie wieder aufgetaucht. Vom Hörensagen ist bekannt, dass er ein paar Jahre später im Gefängnis gestorben ist. Gibt es seit der Auflösung der Sowjetunion neue Möglichkeiten, sein Schicksal zu erforschen?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Marina

Re: Familienforschung

Irene Kopetzke, Donnerstag, 24.01.2002, 22:45 (vor 8716 Tagen) @ Marina Jakobi

Hallo Marina,

es gibt sicher eine Möglichkeit, das Rezept für die sauren Suppkartoffeln herauszufinden, schon, damit Dein Bruder die Suppe essen muß :>). Die Dame, von der ich die Rezepte auf der Rezeptseite habe, kann da vielleicht weiterhelfen. Ich werde ihr mal schreiben, wenn ich die Zeit dazu finde.

Wenn Du einen Koffer voller Dokumente und Briefe hast, besitzt Du schon mehr, als viele Familienforscher haben. Zusammen mit den Informationen, die Du von Verwandten bekommst, hast Du sicher eine gute Basis für Deine Familienforschung. Mit der Befragung von Verwandten kann man eigentlich nie früh genug beginnen, irgendwann ist es zu spät, Fragen zu stellen.

Das Buch "Die Deutschen in Wolhynien" sollte vielleicht noch beim Historischen Verein Wolhynien e.V. zu bekommen sein. Du kannst es aber auch über Deine Bibliothek ausleihen, wenn nötig über Fernleihe.

Zu Deiner Frage, etwas über das Schicksal Deines Großvaters herauszufinden: die Möglichkeit, in dieser Richtung Nachforschungen anzustellen, gibt es über die Organisation MEMORIAL. Einiges über diese Organisation findet man auf der Seite http://www.memo.ru/deutsch/index.htm . Ich bin froh, daß Du dieses Thema angeschnitten hast, weil das für andere auch interessant sein kann. Werde versuchen, genauere Informationen, Adressen usw. zu sammeln und auf meiner Webseite bzw. im "Leitfaden Familienforschung in Wolhynien" zu veröffentlichen. Über MEMORIAL habe ich z.B. Informationen über Brüder meiner Oma erhalten (zwei 1937 erschossen, einer später im Lager verstorben).

Dann gibt es noch in Moskau den Suchdienst der Liga für Russisch - Deutsche Freundschaft, der ist aber nicht ganz billig. Man zahlt allerdings erst, wenn sie wirklich Unterlagen gefunden haben.

Irene

Re: Familienforschung

Marina Jakobi, Dienstag, 29.01.2002, 22:32 (vor 8711 Tagen) @ Irene Kopetzke

Hallo Irene,

vielen Dank für die Informationen. Leider komme ich grad nicht dazu, sie weiter zu verarbeiten. Das Halupsi-Rezept habe ich auch noch nicht bekommen. Ich bleibe dran.

Viele Grüße
Marina

Re: Noch mehr alte Rezepte gesucht

Harry Tietz @, Donnerstag, 10.09.2009, 22:08 (vor 5930 Tagen) @ Marina Jakobi

....die meisten Gerichte sind uns erhalten geblieben, aber wir wissen nicht, wie die sauren Suppkartoffeln gekocht werden.....


Hallo Marina :-) ,

beim stöbern im Forum habe ich Deinen Aufruf vom 01.03.2003 gelesen.

Dir kann geholfen werden. Habe heute einen großen Teller "Saure Suppkartoffeln" verkoste. Hm, einfach lecker:ok: . Um Deine Geschmacksnerven noch etwas zu strapazieren, werde ich das Rezept jedoch erst zum Wochenende ins Forum stellen (Zeitmangel :gruebel: ).

Gruß Harry

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Re: Saure Suppkartoffeln

Irene König ⌂ @, Freitag, 11.09.2009, 19:40 (vor 5929 Tagen) @ Harry Tietz

Hallo Harry,

es ist eher unwahrscheinlich, daß Marina Deine Antwort liest, denn Ihre Anfrage stammt aus 2002. Die Emailadresse von damals ist nicht mehr gültig, habe ich eben ausprobiert. Sie hat 2007 zwar noch 2x gepostet, aber keine Email angegeben :no:

Aber natürlich warten wir trotzdem ungeduldig auf das Rezept ;-). Ich kenne das Gericht zwar nicht, jedenfalls nicht unter diesem Namen, würde es aber gerne mit auf die Website nehmen, wenn Du erlaubst.

Wäre ja auch was für Linstow gewesen, oder? Die wollen doch eine Art (wolhynisches) Kochbuch veröffentlichen, also jeweils ein Rezept mit ein wenig Familiengeschichte dazu. Leider sind nur gaaanz wenige Rezepte eingereicht worden. Viele Leute werden es gar nicht gewußt haben. Wäre ich an der Stelle der Veranstalter gewesen, hätte ich ein oder zwei Programmpunkte gestrichen und stattdessen Papier und Kugelschreiber ausgeteilt, damit die Leute Rezepte aufschreiben. Ich denke, da wäre bestimmt einiges zusammengekommen.

Ich hatte abends im Hotel noch schnell das Rezept für Sauerampfersuppe aufgeschrieben. Weil meine Nichte die Suppe in der Woche davor gekocht hatte, hatte ich sogar Fotos. Leider hat jemand den Zettel und noch einen anderen von der Pinnwand stiebitzt, wie wir am nächsten Tag feststellten. Leute gibt's, können die sich das nicht abschreiben?

In Erwartung des Rezepts, ;-)
Irene

Re: Saure Suppkartoffeln

Lydia Richter @, Sonntag, 13.09.2009, 12:07 (vor 5928 Tagen) @ Irene König

Die Rezepte u.a. der gewünschten Saure Suppkartoffeln folgen heute zum späteren Zeitpunkt.

Re: Saure Suppkartoffeln

Harry Tietz @, Sonntag, 13.09.2009, 15:10 (vor 5928 Tagen) @ Irene König

Hallo Irene,

man sollte zwar immer an das Gute im Menschen glauben :ok: , aber wie uns diese von Dir beschriebene Geschichte wieder einmal zeigt, gibt es leider doch nicht immer nur gute Menschen, leider :no: .

So nun zu den „Sauren Suppkartoffeln“. Nach Rücksprache mit meiner Tante (hat noch einen Teil ihrer Kindheit in Wolhynien verbracht) gibt es für die sg. „Sauren Suppkartoffeln“ auch die Bezeichnung „Buttermilchsuppe“ oder „Scherkensuppe“ (bin mir allerdings nicht sicher, ob „Scherken“ nur mit “k“ oder mit “ck“ geschrieben wird).

Zutaten für 4 Personen:

Mehlige Kartoffelsorte, Salz, 1-2 Eier, ca 250 bis 500g Mehl, 0,5 Liter Buttermilch oder saure Milch und 2 Becher Schmand

• Kartoffeln etwa wallnussgroß schneiden, salzen und kochen – wenn die Kartoffeln gar sind, das Kartoffelwasser nicht abgießen sondern im Topf lassen
• Mehl mit den verquirlten Eiern und etwas Wasser (ca. eine kl. Kaffeetasse) verrühren und etwa 10 Min. ziehen lassen. Dem Mehl sollte nur soviel Flüssigkeit hinzugefügt werden, sodass wir eine leicht formbare Teigmasse erhalten
• anschließend werden aus der Teigmasse etwa haselnussgroße „Scherken“ geformt und in einen Topf mit etwa 2 Liter kochenden Wasser gegeben und kurz aufkochen (Wasser salzen) – anschließend ca. 10-15 Min ziehen lassen
• die Scherken über ein Durchschlagsieb abgießen und dann den Kartoffeln zuführen
• nun noch Buttermilch (oder saure Milch) und Schmand zu den Kartoffeln geben und das ganze kurze Zeit (ca.5-8 Min.) leicht köcheln lassen (ständig rühren damit die Suppe nicht ansetzt)

Nun sind unsere „Saure Suppkartoffeln“ fertig.:yes: ;-)

Ein Rezept hab ich noch :gruebel: :

Sauerampfersuppe für 4 Personen:

Festkochende Kartoffeln für 4 Personen kochen. Das Kartoffelwasser nicht abgießen. Nachdem die Kartoffeln gar sind, fügen wir diesen den Sauerampfer hinzu (dabei ständig rühren). Weiter geben wir einen Becher süße Sahne und 2 verquirlte Eier, der leicht kochenden Suppe (bitte ständig rühren damit die Suppe nicht ansetzt) hinzu. Das Ganze mit etwas Salz und Muskatnuss abschmecken. – Abänderung des Rezepts (und das ist nicht Wolhynisch): Wenn man der Suppe etwas Knoblauchbutter hinzufügt, bekommt diese ein ganz besoderen Geschmack. - Die Suppe ist solange zu rühren, bis die Knoblauchbutter sich vollständig aufgelöst hat (1/2 Knoblauchbutterstange – ca. 60g).

Guten Appetit

Harry

Re: Saure Suppkartoffeln

Harry Tietz @, Dienstag, 15.09.2009, 22:46 (vor 5925 Tagen) @ Irene König

"...würde es aber gerne mit auf die Website nehmen, wenn Du erlaubst".

Nachtrag zum Schreiben vom 13.09.2009

Hallo Irene,

es bestehen keine Bedenken die Rezepte zu veröffentlichen :yes: .

Gruß Harry

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